Volker Hauff, SPD-Politiker, 1978 bis 1980 Bundesminister für Forschung und Technologie, war von 1973 bis 1980 Vorsitzender des WZB-Kuratoriums und später treibende Kraft im Verein der Freunde und Förderer des WZB.
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Das komplette Interview vom 7. Juli 2015 als Transkript
Gabriele Kammerer: Volker Hauff, ganz herzlichen Dank, dass Sie sich auf den Weg gemacht haben, hier hergekommen sind aus Köln, um dieses Gespräch mit mir zu führen. Ich habe mir gedacht, vielleicht können wir Ihre Biografie und die des WZB ein Stück weit nebeneinander legen. 1969 wurde das WZB gegründet, wo waren Sie da, und wer waren Sie da?
Volker Hauff: 1969 war ich 29 Jahre alt und wurde damals als jüngster Abgeordneter in den Deutschen Bundestag gewählt. Ich habe dann im Ausschuss für Bildung und Wissenschaft, so hieß es damals, im Bundestag gearbeitet.
Haben Sie damals mitbekommen, dass es diese ja durchaus umstrittene Gründung dieses neuartigen Instituts in Berlin gibt?
Natürlich haben wir das mitbekommen, das war eine sehr heftige, große Kontroverse, die mittlerweile in Vergessenheit geraten ist. Das ist auch gut so, aber es ist wichtig, um manches zu verstehen, was später passiert ist, dass dieses Institut, 1969 gegründet, natürlich auch eine gewisse Antwort war auf ‘68. In dem Kontext steht es, davon konnte sich in der Zeit das Institut nicht ganz befreien. Das hängt auch mit der Entstehungsgeschichte zusammen. Eine Gruppe von Abgeordneten einer Großen Koalition, der ersten Großen Koalition in Deutschland, hatte beschlossen, dieses Institut zu gründen mit namhaften Mitgliedern, Herbert Wehner oder Herbert Gradl von der CDU, Jahn war dabei, viele andere noch, etwa ein Dutzend Abgeordnete, die dieses Institut gegründet haben. Ohne den Wissenschaftsrat zu fragen, ohne einen Weg der Finanzierung zu gehen, der für Wissenschaftseinrichtungen normalerweise vorgeschrieben ist, sondern zu sagen, wir stellen dafür Geld zur Verfügung, wir bekommen auch Geld – das war damals die Ford Foundation, die das mitfinanziert hat – wir gründen dieses Institut. Darüber gab es große Kontroversen, viele Vorbehalte in der Wissenschaft, an den Universitäten, aber auch ganz stark im Ministerium. Das war mir damals noch nicht ganz klar, aber ‘72, als ich dann als relativ junger Mensch ins Ministerium gewechselt bin, als parlamentarischer Staatssekretär, ist mir dieses Problem natürlich sehr hautnah und klar gegenübergetreten, und zwar nicht nur mir, sondern auch meinem damaligen Chef, dem Bundesminister für Forschung und Technologie, das war Horst Ehmke.
Wie standen Sie persönlich zu diesem Unterfangen hier?
Ich kann mich sehr gut erinnern, dass wir nach einer Anfangsphase der Einarbeitung im Ministerium an einem Abend beieinander saßen, Horst Ehmke und ich, nur zu zweit, und gesagt haben: Was haben wir eigentlich noch für offene Fragen, mit denen wir uns beschäftigen müssen? Und eine der offenen Fragen war das WZB. Und in dieser Runde, wenn man sie so nennen will, war dann meine klare Position: Entweder wir machen das Ding dicht, oder wir versuchen, was Vernünftiges draus zu machen. Dann haben wir uns ein Weilchen unterhalten, in welche Richtung es gehen könnte, und Horst Ehmke war sehr davon überzeugt, dass das sehr erfolgversprechend sein könnte und sagte: Junge, das wird dein Projekt, da kümmer‘ dich mal drum.
Und dann sind Sie ja auch hier Vorsitzender des Kuratoriums geworden. Wie haben Sie diese Rolle denn verstanden?
Na ja, wir haben da nicht nur über das WZB gesprochen, Horst Ehmke und ich, sondern wir haben uns auch Gedanken gemacht darüber: Wie sieht eigentlich die Förderung der Sozialforschung aus in der Bundesrepublik Deutschland? Das müsste eigentlich dann ein integrierter Teil sein davon. Darüber gab es vielerlei Gespräche mit den Wissenschaftsorganisationen, mit der DFG, auch sehr intensiv mit der Max-Planck-Gesellschaft, wobei wir denen immer gesagt haben: Wir glauben, ihr müsst da mehr tun, aber was ihr da tut, das können wir nicht entscheiden, das ist in eurer Verantwortung. Das hat dann später auch Konsequenzen getragen. Wir haben uns dann entschlossen, die Infrastruktur für die Sozialforschung auszubauen, die großen Zentralarchive, die Datenarchive zu unterstützen vom Bund her, und wir haben gesagt: Die drei Grundgedanken sind dabei relativ einfach. Das erste ist: Für die Sozialwissenschaften war die Zeit 1933 bis 45 ein ganz schwerer Schlag, mit einem unglaublichen Aderlass wissenschaftlicher Kapazität, an Menschen, die da gestorben sind, in die Emigration gegangen sind, die vertrieben wurden, weil sie eine bestimmte Form von Wissenschaft gemacht haben. Das muss man ausgleichen. Das zweite war: Wir haben große, sehr wirkungsmächtige Forschungseinrichtungen im Bereich der Technik und der Naturwissenschaft in Deutschland gehabt, die sozusagen eine Infrastruktur dargestellt haben, um im Verbund mit den Universitäten – und nicht gegen sie – die Wissenschaft voranzutreiben. Die ganzen Energieforschungszentren waren damals führend. Es gab auch eine ganze Reihe von anderen Formen der angewandten Forschung dabei. Das war der zweite Gedanke, und der dritte war: Wir sollten mithelfen, dass die deutsche Sozialforschung international wieder anschlussfähiger wird. Daraus ist dann das Konzept entstanden, das für das WZB prägend war in diesem größeren Umfang, der anwendungsorientierten Grundlagenforschung. Wir haben gesagt, es sollen internationale Institute sein, immer wieder mit einem Deutschen und einem Ausländer besetzt. Das hat sich dann später so nicht mehr fortsetzen lassen, aber für den Anfang war das glaube ich ein ganz guter Einstieg, um auch deutlich zu machen, worauf es uns ankommt, und um Missverständnissen vorzubeugen. Und deswegen habe ich dann 1973, in der ersten Sitzung als Vorsitzender des Kuratoriums des WZB – diese Funktion hatte ich bis 1980 inne – klar und deutlich gesagt: Wir werden das WZB zügig ausbauen und an diesen Grundorientierungen der Förderung der Sozialforschung orientieren. Das hat nicht sofort zu einer Befriedung der Situation beigetragen, dafür waren einfach die Kontroversen, die vorher geführt wurden, zu scharf und zu hart und auch sicher zu verletzend, aber es wurden doch langsam die Türen einen Spalt weit aufgemacht. Und mit den ersten Berufungen dann, Fritz Scharpf und Goldberg, die hierher kamen mit dem Internationalen Institut für Management und Verwaltung, gab’s doch ein deutliches Zeichen des Erstaunens darüber, dass das wirklich ernst ist, das auf ein internationales Niveau zu heben. Wir haben uns dann laufend immer bemüht, insbesondere mit Berliner Universitäten im Gespräch zu bleiben oder dort, wo es noch nicht so war, ins Gespräch zu kommen. Das ist schrittweise gelungen, und spätestens dann mit der Berufung von Karl W. Deutsch an das Institut für Vergleichende Sozialforschung war der point of no return erreicht. Das WZB wurde dann mit dem Institut von Scharpf/Goldberg, mit den Arbeiten von Dierkes im Umweltbereich und mit Deutsch/Naschold im Bereich Vergleichende Sozialforschungssysteme zu einer, ich glaube, Dierkes war es, der das sagte, zu einer wohlgelittenen internationalen Einrichtung der Forschung. Das war dann in den 70er Jahren wirklich ein Durchbruch, es war auch nicht ganz einfach, das mit den damaligen Gesellschaftern so hinzukriegen und da musste man viele viele viele viele Gespräche führen. Wir haben am Anfang das juristische Konstrukt gelassen, wie es war, und gesagt, das führt nur zu sehr unguten Diskussionen, aber dann im Laufe der Zeit, nachdem auch die ursprünglichen Initiatoren gesehen haben, dass das sehr wohl eine sinnvolle Sache ist und dass das eine große Hilfe für Berlin ist (das hat bei vielen von denen wichtige Rolle gespielt, ein Stück Berlin-Förderung der Wissenschaft) und als das sich so gut entwickelt hat, waren die dann bereit, auch die Gesellschaftsform zu wechseln. Dann endlich ist es auch gelungen, eine ordentliche Finanzierung hinzukriegen, das also nicht mehr nur aus dem Bundeshaushalt zu machen, sondern ich glaube ab ‘77 war das, da haben wir es dann geschafft, dass das WZB in die Blaue Liste kam. Damit war es in geregelten Bahnen organisatorisch, in der Finanzierung, in der Grundorientierung, und das hat sich dann auch niedergeschlagen in mehreren Evaluierungen, die der Wissenschaftsrat vorgenommen hat.
Das heißt ursprünglich, in den 60er Jahren, war die Forschungslandschaft und die Forschungsförderlandschaft – der Name des Ministeriums sagt es ja auch schon, Forschung und Technologie – eher auf Technologie, vielleicht Naturwissenschaften ausgerichtet und soziale Forschung kam eigentlich noch nicht vor?
Das muss man auch wieder ein bisschen von der Geschichte her sehen. Das Ministerium war ja ursprünglich mal das Ministerium für Atomforschung, so fing alles an, daraus wurde dann im Lauf der Zeit ein Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, breiter angelegt. 1972 gab es dann die Trennung, Bildung und Wissenschaft als eigenständiger Bereich und Forschung und Technologie als ein anderer Bereich. In diesen Überlegungen hat dann eben nicht nur der Weg sozusagen von der reinen Atomforschung, wenn auch zu nicht nuklearen Energietechnologien, das war ein ähnlich schwieriger und nicht ganz glatter Weg, den man da gelegentlich gehen musste, da hat auch eine Orientierung stattgefunden, die Sozialforschung mit aufzunehmen und ihr dort, wo sie über den universitären Bereich hinaus und mit ihm zusammen – das war uns immer das Wichtige – sich weiterentwickeln kann, auch vergleichbare Kapazitäten zur Verfügung zu stellen, die in anderen Ländern da waren. Und heute ist es ja so, dass die Sozialforschung, anders als damals, schon in sich ganz international organisiert ist. Die Leute sind gar nicht mehr an einem Platz oder in einem Land, sondern heute hat sich das als eine Selbstverständlichkeit entwickelt.
Gab es denn auch noch andere Einrichtungen, andere Orte, für die das gilt, was sie als drei Grundorientierungen beschreiben, aus denen heraus Sie die Sozialforschung stärken wollten, oder war das WZB da wirklich das Leuchtturmprojekt, also singulär?
Es war am Anfang das Leuchtturmprojekt, denn da sind wir am schnellsten vorangekommen. Es ging etwas langsamer, aber das ist auch gut so, wir haben da nie gedrängelt, bei der Max-Planck-Gesellschaft. Da haben wir nur immer wieder gefragt: Was ist der Stand, und gesagt: Wir denken, da sollte was gemacht werden. Mittlerweile ist ja die Max-Planck-Gesellschaft auf diesem Gebiet auch wirklich sehr gut vertreten, auch international, aber es gab auch Niederlagen. Ich hatte den Gedanken, zusätzlich zu diesem Ausbau der Einrichtungen auch etwas zu machen in der Vernetzung der Einrichtungen, und da schwebte mir vor, ein Projekt zu machen, das relativ großzügig dotiert ist, das soll von einem Problem handeln, von dem ich damals der Meinung war, wir tun gut daran, uns sehr intensiv damit zu beschäftigen, das war die Immigration ausländischer Arbeitnehmer. Ich habe gesagt: Lasst uns doch daraus ein Projekt machen, so ähnlich wie die Amerikaner, ohne dass wir das kopieren können, im Zweiten Weltkrieg gemacht haben mit dem Projekt The American Soldier, ein großartiges Sozialforschungsprojekt, interdisziplinär angelegt, auf höchstem wissenschaftlichen Niveau mit sehr viel Grundlagenforschung, sehr vernetzt zwischen den einzelnen Einrichtungen, eine Forschungsarbeit, von der die Sozialwissenschaften bis in die 60er Jahre hinein gezehrt haben, auch von den methodischen Entwicklungen, die da stattgefunden haben. Was Vergleichbares schwebte mir vor, und ich habe auch Konzepte dafür entwickelt zusammen mit den Mitarbeitern im Ministerium, aber das ist dann gescheitert im Haushaltsausschuss, der fand es unnötig, soviel Geld für dieses Problem auszugeben. Möglicherweise würden sie das heute anders sehen, aber das war Mitte der 70er Jahre, in der zweiten Hälfte 70er Jahre, auch eine Niederlage in der Bemühung, Sozialforschung voranzubringen in Deutschland.
Wir sitzen hier ja im neuen Teil des Gebäudes des WZB. Die Geschichte dieses Gebäudes geht zurück bis auf Zeiten, wo Sie hier quasi am Ruder waren, also 1979 die Ausschreibung – können Sie sich daran noch erinnern?
Ach ja, ich bitte Sie, das war eines der Großprojekte im Ministerium! Wir mussten ja dafür auch sicher sein, dass die Finanzierung geregelt ist, dass wir das Geld tatsächlich zur Verfügung stellen, und das haben wir damals Schritt für Schritt vorangetrieben. ‘79 dann endgültig die Ausschreibung, aber das war natürlich eine lange Vorarbeit über mehrere Jahre, das da hinzubringen. In der Zeit war ich noch parlamentarischer Staatssekretär und noch Vorsitzender des Kuratoriums des WZB, und das war ein Projekt, das relativ viel Zeit in Anspruch genommen hat und was da rausgekommen ist, darüber war ich sehr glücklich, auch architektonisch.
Haben Sie denn einen Lieblingsort hier im Haus?
Ja, ich finde schon, der große Saal oben, wo die größeren Veranstaltungen stattfinden, der hat eine unglaubliche Atmosphäre. Das ist einfach schön, an so einem Ort, der eine gewisse Ruhe ausstrahlt und sozusagen eine Hektik des Alltags auch von der Raumatmosphäre zurücknimmt, zu wissen: Dort ist der Ort, wo größere Veranstaltungen des WZB stattfinden, weil das war ja eines der Dinge, diese für mich jedenfalls manchmal schwer erträgliche hektische Alltagsnervosität, wo die Leute es lieben, kurzfristig aufgeregt zu sein, von Lüge und Skandal und allen möglichen Dingen zu sprechen und dieses kurzfristige Aufgeregtsein dann wieder ganz vergessen, wie wichtig es wäre, langfristig nachdenklich zu sein. Und eine Einrichtung wie das WZB, da war ich immer fest überzeugt, wenn die gute Wissenschaft macht, dann trägt das dazu bei, langfristig nachdenklich zu sein.
Dieser Transfer Wissenschaft – Politik, ich weiß, dass Sie darüber öfter reflektiert und geschrieben haben. Das sind ja zwei Welten. Hat der Transfer funktioniert, hat er hier funktioniert?
Ich glaube ja, dass er im Wesentlichen funktioniert, da gibt’s immer Auf und Abs, auch hier gab’s ja einmal eine Zeit lang eine relativ handfeste Krise nach der Zeit, in der ich hier Verantwortung hatte, aber insgesamt gesehen, wenn ich das WZB betrachte: Das WZB ist heute ein Knotenpunkt der Sozialforschung in Europa, vielleicht sogar international, ist gar nicht mehr wegzudenken. Und es gab Abschnitte, da hatte das WZB nicht nur Leuchtturmfunktion, sondern da war das wirklich der Stern am Himmel, wenn man über die Arbeitsmarktforschung, die international vergleichende Arbeitsmarktforschung nachdenkt, auch auf anderen Gebieten, aber das fällt mir jetzt grad mal als ein Beispiel ein, wo es ganz besonders gut gelungen ist.
Sie haben sich ja Ihr Leben lang mit Fragen von Energie, von Nachhaltigkeit beschäftigt. Welche Impulse, welche Erkenntnisse haben Sie da vom WZB bezogen über die Jahre und über die Jahrzehnte?
Ein Aspekt ist natürlich, dass das WZB eben unmittelbar in der Energieforschung nicht tätig war, aber sehr wohl im ganzen Bereich der Strukturforschung, das heißt darüber nachzudenken, mit welchen strukturellen Bedingungen müssen wir uns eigentlich auseinandersetzen, wenn wir über die Zukunft von Wirtschaft und Gesellschaft nachdenken. Und da habe ich ganz wesentliche Impulse mitgenommen. Der Mensch, den ich besonders schätze neben vielen anderen auch, aber das hat einfach mit persönlicher Erfahrung und Erlebnissen zu tun, das ist Fritz Scharpf. Mit ihm zusammen habe ich ein Buch geschrieben, „Modernisierung der Volkswirtschaft“, wo wir versucht haben, über solche Dinge nachzudenken. Damals haben uns viele ausgelacht, weil wir behauptet haben, dass die moderne Kommunikationstechnologie einen Kondratjew-Zyklus einleiten wird. Da sagten die: Das ist ja eine sehr interessante Sache, aber dass das was sei, was sozusagen die ganze Wirtschaft und Gesellschaft verändern würde, das haben damals wenige geglaubt, aber so stand’s in unserem Buch.
Da schreibt ein hochrangiger Politiker, waren Sie Minister zu der Zeit oder Staatssekretär?
Staatssekretär.
… ein Buch mit einem hochrangigen Wissenschaftler zusammen, das kommt ja nicht so häufig vor. Oder war das eine Zeit, wo das eher üblich war?
Das war ein ganz großer Glücksfall, für den ich heute noch dankbar bin, dass wir beide die Zeit und Kraft aufgebracht haben, mit unserem jeweiligen Hintergrund, und auch uns teilweise gegenseitig korrigierend an dem Buch gearbeitet, gestritten und geschrieben haben und zum Schluss was vorgelegt haben, wo viele gesagt haben, sie empfinden es als sehr anregend, was uns da gelungen ist. Glücksfall.
Sie haben die Krise schon angesprochen, dem WZB ging es in den 1980er-Jahren nicht so gut, von Existenzkrise ist in den Quellen die Rede. Hintergrund ist der Regierungswechsel in Bonn, das Haus hier wurde als SPD-Think-Tank wahrgenommen und fiel in der Gunst. Wie haben Sie denn diese Bedrohung und diese Auseinandersetzung wahrgenommen?
Ich habe sie von außen erlebt, und teilweise war ich traurig darüber, was da passiert ist, denn Tatsache war, der Wissenschaftsrat hat die Einrichtung mehrmals evaluiert, er hat mehrmals ordentliche bis sehr gute Zeugnisse ausgestellt über die Arbeit, die hier geleistet wurde. Es gab dann dieses böse Wort von der linken Kaderschmiede des WZB, das empfand ich als eine Beleidigung auch gegenüber den Menschen, die hier gearbeitet haben, ich meine damit nicht nur die führenden Leute wie Scharpf oder Deutsch, die in eine Ecke zu bringen, als ob sie in einer Kaderschmiede arbeiten würden, das war sehr grobschlächtig, sehr unangenehm, eher abstoßend für mich. Ich hatte damals keine Möglichkeit, darauf direkt Einfluss zu nehmen, war aber immer der Meinung, das ist eher eine Episode, denn die Arbeit, die da geleistet wird, die war gut, die ist gut. Das Interessante ist ja, dass die Kommission, die man da eingesetzt hat, um das WZB unter die Lupe zu nehmen, nicht der Wissenschaftsrat war, das war dessen eigentliche Aufgabe. Insofern war das wieder ein Rückfall in die alten Geschichten, die früher mal bei der Gründung passiert sind. Wir behandeln das WZB außerhalb der Institutionen, die wir haben, um Wissenschaftsentwicklung und Wissenschaftspolitik zu betreiben, dann wird eine Sonderkommission eingerichtet, wie ein Sondergericht, und diese Kommission unter Vorsitz von Herrn Zapf kam dann nicht umhin, zum Beispiel die Arbeiten von Scharpf und Deutsch, aber auch die von Dierkes positiv zu bewerten in dem Gutachten. Trotzdem, es blieb dabei, es war die Zeit, als von der geistig-moralischen Wende schwadroniert wurde, und man dachte, jetzt muss man auch irgendwo ein Exempel statuieren und hat es dann gemacht. Das war aber eine Episode. Wenn ich das WZB als Ganzes betrachte, dann sind die Präsidenten mit Neidhardt und Kocka und jetzt Allmendinger in der Lage gewesen, aus dem WZB wieder eher etwas zu machen, was uns damals vorgeschwebt hat, eine international renommierte Forschungseinrichtung, die an Problemen arbeiten, die in der Gesellschaft als besonders relevant gelten, aber in eigener Verantwortung, sprich als Grundlagenforschung, da ist das WZB jetzt wieder sehr gut. Insofern das war eine Zeit … das war unnötig und nicht schön, was da passiert ist, aber da ist nicht dieses WZB in was reingeschlittert, sondern da haben Leute aus durchsichtigen politischen Gründen gemeint, man müsse öffentlich ein Exempel statuieren. Dass sich Wissenschaftler, deren Hauptaufgabe eigentlich darin besteht nachzudenken, zu solchen eher politischen Manövern hergeben, fand ich nicht sehr attraktiv und nachahmenswert, um es sehr vorsichtig zu formulieren, denn an der Qualität der Arbeit gab’s überhaupt keinen Zweifel. Ich meine, das sind Auseinandersetzungen, die gehören in die politische Arena, da ist das auch normal, da bin ich zuhause und da finde ich das völlig in Ordnung. Aber von Anfang an war das mein eigentlicher Impetus, die Einrichtung rauszubringen aus diesem Streit und einen Ort zu schaffen, wo die Leute in Ruhe ordentlich arbeiten können und der so attraktiv ist, dass wirklich die besten Leute hinkommen und dass die, die hier arbeiten, wenn sie morgens hierher kommen, sagen: Ich freue mich, ich arbeite hier gern, und es wird auch geachtet, was ich hier mache. Der Streit war nicht in der Sache begründet, sonst hätten die Gutachten was anderes hergegeben.
Ist das WZB heute da angelangt, raus zu sein aus den politischen Gemengelagen, oder denken Sie, es könnte auch wieder passieren?
Man weiß nie, was in der Zukunft passiert, aber im Augenblick ist das WZB eine sehr anerkannte Einrichtung, die überhaupt nicht im Streit ist. Ich hatte darüber auch Gespräche damals mit dem Bundesminister im Kanzleramt, der diesen Staatssekretärsausschuss geleitet hat für nachhaltige Entwicklung, da war ja auch die Frage, als diese Einrichtung gegründet wurde 2001, der ich dann zehn Jahre lang als Vorsitzender zu dienen hatte: Wo siedeln wir die an? Und da gab es überhaupt keinen Zweifel, weder unter Schröder noch unter Merkel, dass das WZB eine sehr gute Einrichtung ist, wo man das machen kann. Später hat es dann aufgrund des Wachstums, des personellen Wachstums im Mitarbeiterstab dazu geführt, dass man eine andere Bleibe suchen musste, aber das WZB als Einrichtung, wo man langfristig nachdenkt, war anerkannt und renommiert.
Das heißt, es wurde überlegt, den Rat für Nachhaltige Entwicklung hier anzusiedeln?
Der war hier jahrelang.
Der war hier?
Jahrelang ab 2001. Er ist dann später zur GIZ übersiedelt, das hatte aber einfach mit Raumproblemen zu tun. Sowohl das WZB hatte Bedarf als auch der Rat, und da musste man eine neue Lösung suchen mit großem Einvernehmen für alle Beteiligten.
Das heißt, Sie hatten hier sogar ein Büro in der Zeit?
Ein Büro wäre absurd gewesen, das hätte ich gar nicht oft in Anspruch genommen, aber die Geschäftsstelle war hier, und wenn ich hier war, hatte ich einen Ort, wo ich nachdenken konnte oder Besprechungen führen.
Sie waren ja auch in den 90er Jahren und bis weit in die 2000er Vorsitzender des Vereins der Freunde und Förderer des WZB. War das Ihr eigener Impuls zu sagen, ich will jetzt mal noch von anderer Position aus was Gutes für das Haus tun, oder wie kam es zu diesem Ehrenamt und Engagement?
Das war eine Initiative aus dem WZB heraus, maßgeblich dafür war durch Initiative von Herrn Neidhardt, fortgesetzt von Herrn Kocka, sehr stark der Wunsch zu sagen: Helfen Sie doch bitte mit, dass wir stärker als Einrichtung ins Gespräch kommen mit denjenigen, die in der öffentlichen Verantwortung stehen und Entscheidungen zu treffen haben, und dafür hätten wir gern eine Einrichtung. Dann haben wir diesen Verein der Freunde und Förderer des WZB gegründet. Da war ich dann lange Jahre Vorsitzender, und wir haben dann dafür gesorgt, dass solche Gespräche eben nicht im Rahmen von Forschungsprojekten stattfinden, wo man Interviews mit ihnen machte, sondern wo man sich mehr austauscht im Hinblick auf Situationen, vor was für Entscheidungen stehen wir denn in unserem jeweiligen Verantwortungsbereich, und was sagt die Wissenschaft dazu? Da waren dann Leute wie Klaus Töpfer oder Lothar Späth oder Verheugen als EU-Kommissar oder der Vorsitzende des DGB, die haben wir dann hergeholt. Wir haben das WZB open genannt damals, es waren Veranstaltungen oben in dem schönen Saal auch, wo man dann einige Stunden lang miteinander diskutiert hat, da wurden keine langen Vorträge gehalten, sondern im Wesentlichen wurde da diskutiert.
Und das ist dann aber wieder eingeschlafen oder was ist daraus geworden?
Das ist ein bisschen eingeschlafen, weil so ein Verein lebt ja nicht davon, dass man da Vereinsmeierei treibt, sondern entweder gibt’s dafür einen Bedarf und eine wirkliche Nachfrage, oder nicht. Und dann wurde es noch mal wieder gegründet jetzt. Ich bin da in diesem neuen Verein auch mit dabei, nicht an exponierter Stelle, aber verfolge das mit großem Wohlwollen, dem WZB jeweils zu dem zu helfen, was in der jeweiligen Entwicklungsphase für Sie besonders gut und vernünftig ist, das müssen Sie selbst entscheiden, und das ist in guten Bahnen.
Ich würde gerne noch auf einen Begriff zu sprechen kommen, den Sie auch schon gestreift haben, der grundlegend ist für das Haus hier, das ist die problemorientierte oder bedarfsorientierte Grundlagenforschung. Was verstehen Sie denn darunter?
Ich verstehe darunter, dass man eben nicht nur entlang einer einzelnen Wissenschaftsdisziplin arbeitet, auch nicht nur im Sinne der Ressortforschung, wie Politik organisiert ist, an Ministerien und deren Arbeit, sondern dass man sagt, was sind eigentlich Problemfelder, und über diese Problemfelder, die sozusagen diskutiert werden zwischen Wissenschaft und Politik, kommen interessante Fragestellungen. Dann, wenn man sich entschieden hat, ja, wir machen das, also zum Beispiel Management und Verwaltung, so komplex wie die Probleme werden, mit denen öffentliche Verwaltungen zu tun haben, da war es einfach notwendig, die alte reine Daseinsverwaltung auf ganz andere Beine zu stellen. Und das hat juristische Aspekte, das hat organisatorische Aspekte, das hat soziologische Aspekte, das hat Ausbildungsaspekte – vielerlei Hinsichten. Und es ist halt so, wenn wir dann gesagt haben, dieses Thema Management und Verwaltung, insbesondere öffentliche Verwaltung, darüber sollte gearbeitet werden, dann bitte in Form von Grundlagenforschung, wo niemand mehr reingreift und sagt, bitte macht dies oder jenes oder den Teilaspekt besonders untersuchen, sondern dann muss das nach wissenschaftsimmanenten Kriterien weiterentwickelt werden, wo die Wissenschaftler sagen, das ist eine erfolgsversprechende Fragestellung, die hoffentlich zu sehr fruchtbaren wissenschaftlichen Ergebnissen führt. Und dieses Spannungsverhältnis auszuhalten, das erfordert einerseits von denjenigen, die in der Politik Verantwortung tragen, aber auch von denen, die in der Wissenschaft Verantwortung tragen, eine gewisse Kooperationsbereitschaft, aber auch große Achtung dafür, was der andere jeweils eigenständig zu tun und zu lassen hat. Das erfordert natürlich auch einen bestimmten Typ von Mitarbeitern. Das kriegt nicht jeder hin, dass er so seine eigene Disziplin ein bisschen verlässt und außerhalb noch mal fragt, weil das Problem halt ein bisschen vielschichtiger ist, als wenn man’s nur juristisch betrachtet oder nur organisationssoziologisch betrachtet. Und da hat man eine Vielzahl von Personalentscheidungen im WZB, die sich als meines Erachtens sehr glücklich erwiesen haben. Fritz Scharpf gehört dazu, ohne Zweifel gehört auch Goldberg dazu, Dierkes dazu, der lange in der Wissenschaft war, dann im Battelle-Institut, in der ganz angewandten Forschung gearbeitet, dann wieder beim WZB gearbeitet hat. Das waren alles Menschen, die haben in ihrer eigenen Person dieses Spannungsverhältnis ausgehalten, und das war sehr wichtig auch bei der Personalauswahl, darauf zu achten, dass das ein Kriterium ist, und zwar ein wesentliches Kriterium für die Besonderheit, die das WZB ausmacht. Und das ist zum Beispiel dann in der ganzen Krise um die Präsidentschaft von Herrn Zapf dann ganz ins Vergessen geraten, da hat man gemeint, das sei nicht mehr das Entscheidende, aber mittlerweile hat es wieder seinen angemessenen Platz.
Das bedeutet, problemorientiert ist nicht eine Engführung von Grundlagenforschung, sondern eher im Gegenteil, dass man Grundlagenforschung über Ressortgrenzen und Disziplinen hinweg öffnet und aufs Problem blickt?
Sowohl thematisch öffnet als auch für eine hohe zeitliche Konstanz sorgt, also nicht Auftragsforschung in dem Sinne: Ich habe da ein Problem, denk da mal ein bisschen drüber nach, gebe ein Gutachten und sag mir, was ich tun soll, sondern die Wissenschaft arbeitet selbständig weiter und es ist dann Sache der Politik, genau hinzuhören und zu fragen, wie kann ich denn das verstehen und hat es die und die Bedeutung, die ich meine, wenn ich eure Ergebnisse lese? Und es gibt dann sehr spannende Diskussionen, die eben nicht darauf angelegt sind, nach einem halben Jahr oder nach einem Vierteljahr irgendein Kurzzeitgutachten zu haben, sondern sehr langfristig und kontinuierlich an einem bestimmten Problem zu arbeiten und darüber Kompetenz zu erwerben und verlässliche wissenschaftliche Ergebnisse zu erarbeiten in diesen Feldern.
Das braucht ja aber auch eine Sprache, in der man sich verständigen kann von den verschiedenen Seiten her. Über die Jahrzehnte hinweg, die Sie jetzt überblicken: Haben Sie den Eindruck, es ist leichter geworden, dass sich Wissenschaft und Gesellschaft oder Wissenschaft und Politik verständigen, oder ist es vielleicht sogar schwieriger geworden? Wie ist es denn, wenn man die sprachliche Ebene betrachtet?
Ich glaube beides, es ist schwieriger geworden und es ist besser geworden. Fangen wir mit dem Positiven an. Das hängt mit der Internationalisierung der Forschung zusammen. Ich habe immer amerikanische Wissenschaftler bewundert dafür, dass sie über ihr Fach reden können in einer Sprache, die ein normaler, hinlänglich intelligenter Mensch, der nicht in der Wissenschaft zuhause ist, verstehen kann. Das war in Deutschland lange Zeit nicht so, da galt – nicht immer, aber so gelegentlich war schon eine Tendenz zu erkennen – dass Unverständlichkeit auch ein Zeichen von Wissenschaftlichkeit ist. Das hat sich gelegt und hat mit der internationalen Entwicklung zu tun, und insofern ist es einfacher geworden. Es ist schwieriger geworden, weil die Probleme so komplex sind, dass man natürlich, wenn man vor Entscheidungen oder in der politischen Auseinandersetzung steht, versucht, die Dinge so zu vereinfachen, dass sie leicht handhabbar und verständlich sind, und da muss die Wissenschaft drauf bestehen zu sagen, ihr müsst die Komplexität schon sehen, die da tatsächlich vorhanden ist. Und da gibt’s dann gelegentlich wieder neue Friktionen, weil der eine oder andere Politiker möchte es schon ganz gern ein bisschen einfach haben, so eine schöne Formel wie linke Kaderschmiede oder so, da weiß man, wo man dran ist und was man zu tun hat, aber ganz so einfach sind die Probleme in der Regel nicht.
Sie haben schon ein paar Namen genannt, trotzdem würde ich Sie gerne abschließend noch fragen, welche Personen für Sie ganz prägend sind, wenn Sie auf Ihren Weg mit dem WZB zurückblicken?
Also da gibt es viele, und es wäre sehr ungerecht zu sagen, diejenigen, die ich nenne, das sind die Einzigen, deswegen tu ich mich ein bisschen schwer, aber klar ist, dass für mich dazu der Fritz Scharpf gehört, den ich vorher kannte und wo sich im Laufe der Zeit auch eine freundschaftliche Beziehung entwickelt hat, wo ich jedenfalls immer große Freude hatte, mit ihm zu diskutieren und von ihm zu lernen. Das geht bis in die jüngste Vergangenheit. Dazu zählt aber auch jemand wie Karl W. Deutsch. Ich erinnere mich noch sehr genau, als ich 1975 ihn in Harvard besucht habe, um ihn zu überreden, komm‘ doch zurück, wir würden uns sehr freuen, und das ist ein Platz, der lebensgeschichtlich für dich auch einen Reiz haben könnte, und wir wollen alles tun, dass es dazu kommt. Wir haben uns über vielerlei Dinge unterhalten, auch über das Verhältnis von Eltern zu Kindern und vieles andere, und er hat mir dann eine Anekdote erzählt, er war ja immer ein wirklicher Meister im Erzählen von Anekdoten. Er hat erzählt, der Kindergarten seiner Enkelkinder, die haben ihn gefragt, ob er nicht mal bereit wäre, in den Kindergarten zu kommen, um diesen Menschen zu erklären, was Wissenschaft ist, und das habe er sehr gern gemacht. Da sage ich, da bin ich aber gespannt, wie geht denn das. Dann sagt er, da habe ich eine Nuss mitgenommen, und zwar eine noch mit grüner Schale, und im Kindergarten habe ich die Kinder gefragt, was ist das? Dann gab’s die unterschiedlichsten Antworten, dann habe ich die grüne Schale weggemacht, da war die Nuss da. Sage ich: Was ist denn das? Ja, das ist eine Nuss, das war schon ziemlich klar. Dann sagt er: Und das ist Wissenschaft, wir müssen die Schale knacken und gucken, was da drin ist und versuchen rauszufinden, wie ist es gewachsen, wie kommt es dazu, dass da plötzlich in einer harten Schale was ganz Weiches ist, und das ist Wissenschaft. Und ich fand es so faszinierend, weil das das Musterbeispiel ist für gelingende Kommunikation von einem Menschen, der wirklich international ganz an der Spitze der Wissenschaft stand, über seine eigene Arbeit zu reden, dass Kinder im Kindergartenalter verstehen konnten und vielleicht sogar angeregt wurden, für ihr Leben angeregt wurden, Wissenschaft als was Positives zu sehen. Also das war schon jemand, der mich auch in einer Reihe von anderen Anekdoten sehr sehr beeindruckt hat und wo ich wirklich richtig glücklich war, als es gelungen ist, die letzte Hürde, die damals noch zu nehmen war, zu schaffen – das war die Frage, dass wir eine angemessene Arbeit für seine Frau finden mussten hier in Berlin. Das war nicht ganz einfach, aber das ist dann gelungen, und das war sicher etwas, was für das WZB wichtig war. Das sind zwei Personen, die in besonderer Weise für mich mit dem Namen WZB verbunden sind, aber es gibt viele andere auch, die da eine ganz positive Rolle gespielt haben. Lange bevor Herr Dierkes beim WZB war, hatte ich mit ihm sehr intensive Kontakte, in seiner Zeit beim Battelle-Institut, der hat da die ganze Sicherheitsforschung betrieben, und das war was, was mich sehr interessiert hat: Wie verlässlich ist das eigentlich, und wie belastbar sind die Aussagen wirklich dabei? Und er war ja jemand, der die amerikanischen Entwicklungen sehr genau kannte, lange dort war und auch in der reinen Wissenschaft zuhause war. Das waren sehr anregende Gespräche damals bei der Definition von Umweltpolitik. Wir waren ja damals Anfang der 70er Jahre ganz am Anfang, da gab’s noch kein Umweltministerium, aber wir haben dann ein Umweltbundesamt gegründet, wir haben eine Umweltberichterstattung eingerichtet, haben vieles gemacht dabei, und da war es sehr wichtig, jemanden als Gesprächspartner zu haben, der aus einer gewissen Distanz und auch mit einer gewissen internationalen Erfahrung auf die Dinge blickt und einen davor bewahrt, dass man das alles so engstirnig betrachtet. Das wäre vielleicht der Dritte, den ich da auch erwähnen würde, aber insgesamt ist es so, dass am WZB als Einrichtung mein Herz ein bisschen hängt, und das hat mit der Anfangsgeschichte zu tun und mit dem Kompliment, dass ich dann ‘74 von meinem damaligen Chef, als der ging als Forschungsminister, bekam. Der sagte: Das WZB war dein Gesellenstück. Dass es gelungen ist, aus einer sehr sehr umstrittenen, auch nicht klar konturierten Einrichtung so eine renommierte und international akzeptierte Einrichtung zu machen, das ist schön und macht einen zufrieden und lässt es einen hoffen, dass die Vitalität in dieser Einrichtung immer erhalten bleibt.
Sie erkennen es auch noch gut wieder, oder?
Ja sehr gut wieder, sehr gut, ich finde das WZB im Augenblick auch in der Art, was öffentlich geschieht, die Art, wie er sich in der Öffentlichkeit präsentiert, schon beispielhaft, sich nicht zurückzuziehen in den Elfenbeinturm, sondern sich einzumischen in gesellschaftliche Diskussionen, nicht die Angst zu haben, dass man da die Wissenschaftlichkeit verliert, sondern halt drauf zu achten, wie man sich artikuliert, dass man nicht so seinen persönlichen Neigungen nachgeht oder seinen eigenen persönlichen politischen Präferenzen, sondern verantwortlich als Wissenschaftler sich an öffentlichen Diskussionen beteiligt. Das ist etwas, da könnten viele andere wissenschaftliche Einrichtungen was lernen.
Wenn ich jetzt auf diesem hohen Ton enden darf, dann würde ich mich herzlich bedanken für dieses Gespräch.
Vielen Dank für die Einladung.